Christmas Gospelchurch 2003

St. Galler Tagblatt vom 30. Dezember 2003

Musik und Sinnsuche

Begeisternde Gospelchurch unter dem Motto «This is your Time»


Flawil. Eine voll besetzte Kirche, warmes Kerzenlicht und zwei interessante Gäste machten die diesjährige Gospelchurch in der Weihnachtszeit zu einem erfolgreichen Abend mit bewegender Musik.

Nach dem grossen Publikumsandrang der vergangenen Jahre öffnete der Gospelchor Flawil in diesem Jahr die Türen eine Dreiviertelstunde vor dem eigentlichen Beginn. Und als Chorleiter Urs Leuenberger den Abend eröffnete, blickte er auf eine beeindruckende Kulisse: Die evangelische Kirche Feld war bis auf den letzten Platz besetzt. Von Anfang an wurde das Publikum zum Mitsingen aufgefordert, als der Chor mit dem Intro «Come let us sing» loslegte. «Ich bin tief bewegt und dankbar, dass heute Abend so viele Menschen den Weg zu uns gefunden haben», sagte Leuenberger, der wie immer mit Leib und Seele den Chor und die Band dirigierte und auch selber zum Mikrophon griff.

Zum Mitsingen
Auf einer grossen Leinwand wurden laufend die Liedertexte projeziert. Auch die englischen Texte waren so um einiges leichter zu entschlüsseln, und wer Lust hatte, konnte gleich mitsingen. Daneben wurden schöne schwarz-weiss Bilder der Chormitglieder in Aktion gezeigt. Weiter ging es mit dem Spiritual «The Keeper», das einige sehr schöne Solodarbietungen enthielt. Danach begrüsste Urs Leuenberger den ersten Gast des Abends: Stéphanie Berger, Ex-Miss Schweiz, Sängerin und Fernsehmoderatorin. «Meine Verbindung zu Flawil besteht darin, dass meine Familie schon seit langem hier wohnt. Ich selber bin aber in Zürich aufgewachsen», erzählte die vielbeschäftigte Berger. Sie gebe jetzt Gesangsstunden und arbeite intensiv mit ihrer neuen Band «X-age». Auf ihre Beziehung zu Gott angesprochen, meinte sie, dass der Glaube für sie eine ständige Quelle von Liebe und Kraft sei. «Ich bin jedoch nicht schon immer religiös gewesen, das hat sich in einer Art Sinnsuche so ergeben.» Nach dem kurzweiligen Interview stellte Stéphanie Berger ihre Gesangskünste unter Beweis und sang gemeinsam mit dem Gospelchor in einer wunderschönen Interpretation den Klassiker «Lean on Me».

Eindrücklicher Bericht
Mit dem eingängigen Gospel «This little light of mine» gewann der Chor das Publikum endgültig für sich. Stimmgewaltig sangen alle Besucher mit, die Leuenberger nach Belieben dirigierte und sogar einen Kanon anstimmen liess. Doch nebst Musik wartete ein weiterer interessanter Gast: Bruder Benno, der sein weltliches Leben vor einigen Jahren hinter sich liess und heute in einem Franziskanerorden in Zürich lebt. Eindrücklich erzählte er, wie ihm eines Tages bewusst wurde, dass sein Leben trotz Freundin, Kollegen und Erfolg im Beruf leer war. «Ich spürte ein grosses Fragezeichen in meinem Herzen.» Als er eines Tages Texte des Franz von Assisi las, machte er sich per Fahrrad auf den Weg nach Italien, verschenkte nach seiner Rückkehr seinen gesamten Besitz - Franziskaner besitzen nichts als ihre Kleider und Werkzeug- und trat einem Orden bei. Heute arbeitet der sympathische Mönch in der Zürcher «Gassenszene». Er unterstützt und begleitet «Menschen, die am Rande der Gesellschaft leben, wie etwa Drogensüchtige und Obdachlose.» Zum Abschluss der zweistündigen Gospelchurch gab es eine Überraschung: Bruder Benno wagte sich mit Berger und dem Gospelchor auf die Bühne. Gemeinsam wurde das Stück «Oh happy day» in einer hymnischen Version gesungen, was das Publikum mit tosendem Applaus belohnte. (upz.)