Gospelchor-Projekt Flawil 1997

St. Galler Tagblatt vom 9. Juni 1997 

«Gospel - ein Gefühl im Innern»


FLAWIL. Etwa 40 Jugendliche und junge Erwachsene trafen sich am Freitagabend in der evanglischen Kirche Feld, um sich das «Gospelchor-Projekt Flawil» erklären zu lassen. Der Start scheint geglückt. Am Schluss des Eröffnungsmeetings sang eine sichtlich begeisterte Menge den Hit von Edwin Hawkings «Oh happpy Day».

NORBERT RECHSTEINER

Dass die Jugend auch heute noch begeisterungsfähig ist, bewies Animator Urs Leuenberger im Unterrichtszimmer der Kirche im Feld. Der Jugendarbeiter und Musiker, unterstützt am Klavier von Jonathan Schaffner, verstand es, mit rhythmischen Bewegungen und Melodien in das Projekt einzustimmen.

Befristetes Projekt
Pfarrer Felix Marti erklärte, dass das Gospel-Chor Projekt das Ergebnis einer Umfrage im Rahmen der Jugendarbeit gewesen sei. Die Kirchenvorsteherschaft habe sich bemüht, einen Kredit von 20 000 Franken zu erhalten und damit einen «Profi» zu engagieren. Das Projekt sei bis Ende 1997 befristet. «Heute geht für mich ein Wunsch in Erfüllung», sagte Pfarrer Marti und fügte hinzu: «Wenn das Projekt eine gute Resonanz gibt, sind wir gewillt weiterzumachen. Wir lassen euch nicht im Stich.»

Eine frohe Botschaft
Video-Filmausschnitte demonstrierten den Besuchern verschiedene Darbietungen von Gospelchören. Urs Leuenberger erklärte dazu, dass der Gospelgesang eine frohe Botschaft verkünde. «Gospel, das ist ein Gefühl im Innern und zudem etwas Befreiendes. Zum Singen müsse auch der Körper miteinbezogen werden.» Der quirlige Musiker konnte die vielen Interessenten für seine Idee begeistern. Leuenberger verstand es vortrefflich, das Theoretische praktisch umzusetzen. Er begann seinen Körper im Takt zu bewegen, in die Hände zu klatschen, und die jungen Besucherinnen und Besucher folgten spontan und freudig seinen Anleitungen. Rudimentär wurden ein paar Gospel eingeübt.

Ein Kulturgut
Gospel sei die neuzeitliche Form der Negro Spirituals, erklärte der Musiklehrer und vermittelte auch den geschichtlichen Hintergrund. Die schwarzen Gefangenen hätten im 17. und 18. Jahrhundert den Gospel von Afrika nach Nordamerika gebracht. Mit diesen geistlichen Volksliedern machten sich die schwarzen Sklaven gegenseitig Mut. Während in den Negro Spirituals die Not und Sehnsucht nach der Freiheit zum Ausdruck käme, stünden beim Gospelgesang die Freude, Anbetung und Lobpreisung im Vordergrund. Gospelmusik sei auch heute noch populär. Sie werde in den Gottesdiensten in Harlem, Lousiana, New Orleans mehrheitlich von den Schwarzen vorgetragen und zeugten von einem tiefen Glauben an Gott. Vor allem an Weihnachten füllten Interpreten dieser Musik Konzertsäle und Kirchen auch bei uns.